Panoramafreiheit

Das müssen Fotografen wissen

Molecule Man

Kurz und knackig

  • In Deutschland darfst du nicht ohne weiteres Bilder von beliebigen Motiven fotografieren und veröffentlichen.
  • Damit du unterwegs trotzdem das ein oder andere Foto machen kannst, gibt es die Panoramafreiheit.
  • Diese ermöglicht es dir, Fotos oder Videos von öffentlich zugänglichen Orten ohne Genehmigung zu fotografieren und für private Zwecke zu veröffentlichen.
  • Es gibt jedoch Ausnahmen! Dabei geht es vor allem um den Schutz des Urheberrechts und der Rechte Dritter.

Was regelt die Panoramafreiheit?

Die Panoramafreiheit ermöglicht es dir, im öffentlichen Raum zu fotografieren und diese Fotos zu veröffentlichen, ohne die Urheberrechte einzelner Bauwerke und Kunstwerke beachten zu müssen.

Grundsätzlich liegt das Urheberrecht eines Bauwerks zunächst einmal beim Architekt, bei einer Statue beim Bildhauer und bei einem Kunstwerk beim Künstler.

Nach dem geltenden Urheberrecht dürftest du also prinzipiell keine Fotos von Kunstwerken oder Gebäuden online veröffentlichen oder zum Beispiel als Postkarte verkaufen.

Das deutsche Recht sieht aber mit der Panoramafreiheit eine deutliche Erleichterung für Fotografen vor.

Die Panoramafreiheit besagt, dass Fotos urheberrechtlich geschützter Werke veröffentlicht und vermarktet werden können, sofern sie von öffentlichen Wegen aus fotografiert wurden und sich bleibend an diesem Ort befinden.

Wenn du also ein Foto vom Berliner Reichstag machst, dann darfst du es auch veröffentlichen und verkaufen, solange du es von einem öffentlichen Weg aus fotografiert hast.

Was bedeutet öffentlich?

Friedhof
Wenn du durch eine Tür gehst, ist es nicht mehr öffentlich

Bei der Definition, was denn überhaupt öffentlich bedeutet, wird es schon etwas komplizierter.

In der Regel wird in der Rechtssprechung die Meinung vertreten, dass alle Orte, die ohne Zutrittsbeschränkung betreten werden können, als öffentlich gelten.

Als Faustregel kann man sagen, dass Orte nicht öffentlich zugänglich sind, wenn man Eintritt bezahlen muss oder in irgendeiner Form durch ein Tor oder eine Schranke gehen muss, um das Gelände zu betreten.

Somit fallen durchaus auch Wege unter die Panoramafreiheit, die sich in Privatbesitz befinden, sofern sie frei zugänglich sind.

Grundsätzlich dürfen Fotos urheberrechtlich geschützter Werke nur veröffentlicht werden, wenn sie von einem öffentlich zugänglichen Ort ohne Hilfsmittel fotografiert wurden.

Eine Zuhilfenahme von Leitern oder Drohnen ist somit nicht möglich, auch wenn man sich damit auf öffentlichem Grund befindet.

Leider gibt es auch hier Ausnahmen, aber dazu später mehr.

Was sind bleibende Werke?

Ohne Einverständnis des Urhebers dürfen nur bleibende Werke im öffentlichen Raum veröffentlicht werden. Bleibend sind alle Werke, die nicht nur kurzzeitig in der Öffentlichkeit zu sehen sind. In der Regel ist das bei allen Bauwerken der Fall, aber auch bei den meisten Denkmälern und Statuen.

Als Beispiel dient dieses Bild vom Molecule Men in Berlin. Es handelt sich dabei zweifelsfrei um ein Kunstwerk, das urheberrechtlich geschützt ist. Da es aber dauerhaft in der Spree installiert ist und von öffentlichen Wegen aus fotografiert werden kann, dürfen Bilder davon veröffentlicht und sogar verkauft werden.

Der Molecule Man ist zwar ein urheberrechtlich geschütztes Kunstwerk.

Da es aber an einem öffentlichen Ort steht, dürfen wir Fotos davon hier veröffentlichen.

Ein bekanntes Beispiel für ein nicht bleibendes Werk war der verhüllte Reichstag von Christo.

Zwar war der Reichstag von öffentlichen Wegen aus einsehbar, allerdings war das Kunstwerk selbst nur für zwei Wochen sichtbar und somit nicht bleibend.

Fotos des verhüllten Reichstags dürfen somit nicht ohne Weiteres veröffentlicht werden und definitiv nicht verkauft werden.

Molecule Man
Molecule Man, Berlin

Darf ich Fotos aus dem Inneren eines Gebäudes veröffentlichen?

Sobald du ein Gebäude betrittst, verlässt du den öffentlichen Raum. Es gilt also grundsätzlich das Hausrecht des Eigentümers, der dir das Veröffentlichen von Bildern jederzeit verbieten kann.

Bei Museen, Schlössern und anderen Gebäuden mit Publikumsverkehr gibt es in der Regel spezielle Bestimmungen, was veröffentlicht werden darf und was nicht. Meistens findet man dazu auf der Internetseite oder am Eingang Informationen über die genauen Bestimmungen.

Private Nutzung und Veröffentlichung von Bildern wird meistens gestattet, kommerzielle Nutzung in der Regel nicht. Hier musst du dich aber im Einzelfall immer an den jeweiligen Eigentümer wenden.

Was bedeutet kommerzielle Nutzung?

Das ist leider auch eine Frage, die sich nicht pauschal beantworten lässt. Unstrittig kommerziell ist es, wenn du Fotos verkaufst, sei es als Poster, Postkarte oder an Zeitschriften und kommerzielle Online-Magazine.

Wenn du Bilder auf deinem privaten Blog veröffentlichst, wird es schon schwieriger. Hast du vielleicht einen Werbebanner auf deinem Blog?

Das könnte schon als kommerziell angesehen werden, auch wenn du dadurch vielleicht gerade mal die Serverkosten decken kannst.

Richtig knifflig wird es bei sozialen Netzwerken. Wenn du Bilder bei Facebook hochlädst, gibst du Facebook die Nutzungsrechte an diesem Foto. Facebook ist aber ein kommerzielles Unternehmen, weshalb es da prinzipiell Ärger geben kann.

Eine pauschale Aussage kann man hier leider nicht geben, denn jedes Gericht wird das im Zweifel anders sehen.

Gilt die Panoramafreiheit auch in anderen Ländern?

Karte EU
Panoramafreiheit in Europa. Lizensiert unter CC BY-SA 3.0 Autor: King of Hearts based on Quibik’s work

Leider gilt die Panoramafreiheit nicht in allen Ländern. Die nebenstehende Karte gibt dir einen Überblick, wie die Rechtslage in Europa ist.

Rote Länder, wie z.B. Frankreich und Italien haben keine Panoramafreiheit. Du darfst hier prinzipiell keine Fotos von urheberrechtlich geschützten Gebäude veröffentlichen.

Grüne Länder, wie z.B. Deutschland haben die Panoramafreiheit. In hellgrünen Ländern gilt diese nur für Gebäude, nicht aber für Kunstwerke im öffentlichen Raum.

Gelbe Länder erlauben die Veröffentlichung nur zu nicht kommerziellen Zwecken.

Die unterschiedliche Rechtslage macht es natürlich nicht einfacher, weshalb durch die EU auch eine Vereinheitlichung angestrebt wird. Wenn wir Pech haben, werden bald alle Länder auf der Karte rot gefärbt.

Darf ich aus Frankreich und Italien also gar keine Bilder veröffentlichen?

Ganz so schlimm ist es nicht. Das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Bei allen älteren Gebäuden bist du also schon auf der sicheren Seite. Schwieriger wird es bei moderner Architektur der letzten ca. 100 Jahre, wo das Urheberrecht noch gilt.

Allerdings gilt in diesen Fällen das Territorialprinzip. Es gilt also immer das Recht des Landes, in dem du das Bild veröffentlichst.

Bei uns ist das also das deutsche Recht. Du darfst also deine in Frankreich geschossenen Fotos aus dem öffentlichen Raum in Deutschland veröffentlichen, solange du das Bild wirklich nur in Deutschland veröffentlichst.

Schwieriger wird es da schon, wenn du Bilder online zeigst. Diese können prinzipiell auch von französischen Internetnutzern gesehen werden, weshalb du dich dann nicht auf das Territorialprinzip berufen kannst.

Unproblematisch ist es nach gängiger Meinung, wenn du die Bilder auf einer rein deutschsprachigen Webseite veröffentlichst. Sobald es aber eine englische oder eine andere Übersetzung gibt, wird es kritisch.

Gleiches gilt für soziale Netzwerke, wie Instagram oder Facebook, da du hier in der Regel auch internationale Nutzer erreichst.

Bekannte Streitfälle

Es gibt einige bekannte Gebäude, bei deren Veröffentlichung du Probleme bekommen kannst. Eine kleine Auswahl:

Eiffelturm in Paris

Der Eiffelturm in Paris ist eines der bekanntesten Beispiele. Zwar ist der Erbauer Gustave Eiffel bereits 1923 gestorben, weshalb das Urheberrecht seit 1993 abgelaufen ist. Prinzipiell darfst du Fotos vom Eiffelturm also veröffentlichen.

Allerdings wird der Turm bei Nacht durch eine Lichtinstallation erleuchtet. Die Firma, die diese Lichtinstallation macht, hat darauf das Urheberrecht. Fotos vom Eiffelturm bei Nacht dürfen somit nicht ohne Weiteres veröffentlicht werden.

Atomium in Brüssel

Belgien war lange Zeit eines der Länder, in denen keine Panoramafreiheit galt. Fotos vom Atomium in Brüssel durften deshalb nicht ohne Erlaubnis veröffentlicht werden.

Mittlerweile wurde aber auch in Belgien die Panoramafreiheit eingeführt, sodass Fotos vom Atomium und anderen Bauwerken mittlerweile ohne Bedenken veröffentlicht werden dürfen.

Schloss Sanssouci und andere Schlösser in Berlin und Brandenburg

Auch in Deutschland gibt es einige Bauwerke, bei denen eine Veröffentlichung problematisch ist. Dazu zählen Schlösser in Berlin und Brandenburg, aber auch in anderen Bundesländern gibt es da teilweise Probleme.

Grundsätzlich gilt natürlich in Deutschland auch für Schlösser die Panoramafreiheit. Wenn du also ein Schloss von einer öffentlichen Straße fotografierst, ist eine Veröffentlichung kein Problem.

Die meisten Schlösser sind jedoch von großen Schlossparks und Gärten umgeben, die nicht als öffentlicher Raum gelten. Somit war es verboten, solche Bilder zu veröffentlichen.

Mittlerweile ist es aber erlaubt, Bilder von den Berliner und Brandenburger Schlössern online zu veröffentlichen, u.a. auf Blogs und Social Media. Das war auch längst überfällig, wenn du uns fragst.

Fazit

Die Panoramafreiheit ist eine tolle Sache für Fotografen, die uns in vielen Bereichen das Leben erleichtert. Durch teils widersprüchliche Gerichtsentscheidungen ist sie allerdings nicht ganz eindeutig definiert und aktuell ist sie durch die drohende neue EU-Gesetzgebung massiv gefährdet.

Unsere Empfehlung (natürlich ohne Gewähr):

Wenn du auf öffentlichem Raum fotografierst, ist eine Veröffentlichung und Vermarktung von Fotos kein Problem.

Fotografierst du auf dem Gelände von Parks, Grünanlagen, Schlössern oder Burgen, solltest du dich zumindest vor einer kommerziellen Nutzung informieren.

Im Zweifelsfall solltest du immer vorher nachfragen. Wir haben für 22places auch viele Eigentümer von Locations angeschrieben, ob wir Fotos auf unserem Blog und in unseren Fotolocations veröffentlichen dürfen. In der Regel ist das Feedback positiv.

Wenn du richtig tief in die Materie einsteigen willst, empfehlen wir dir dieses Buch:

Recht für Fotografen: Der Ratgeber für die fotografische Praxis

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