Juist Sagen

6 Volksmärchen und Sagen vom Töwerland Juist

Über die Insel Juist gibt es viele alte Sagen und Legenden

Kurz und knackig

  • Die Nordseeinsel Juist wird auch Töwerland genannt. Das ist Plattdeutsch und bedeutet Zauberland.
  • Der Spitzname kommt nicht von ungefähr! Um die Insel ranken sich viele Sagen und Märchen.
  • Wir teilen unsere liebsten Juist Sagen mit dir und spinnen ein bisschen Seemannsgarn. So lernst du Juist von einer ganz anderen Seite kennen und kannst im Urlaub tolle Geschichten erzählen.

Der Name Töwerland

Wangeroog de Schoone
Spiekeroog de Gröne
Langeoog dat Botterfatt
Baltrum nöm wi Sandgatt
Nördernee dat Roverland
Juist dat is dat Töwerland

So geht ein Seemannslied aus dem 19. Jahrhundert über die “sieben Schwestern” – die sieben ostfriesischen Inseln. Und schon damals wusste man: Wenn die Juister Dünen sprechen könnten, dann hätten sie einiges zu erzählen.

Und zwar über Geister, Vorahnungen, Kobolde und Hexen. Diese Geschichten werden seit Jahrhunderten weitergegeben und sind der Grund für den Spitznamen der Insel Juist: Töwerland, das Zauberland.

Wir erzählen dir unsere 6 liebsten Juist Sagen.

Der Klabautermann

Der Schiffsgeist Klabautermann ist auch unter den ostfriesischen Seemännern bekannt (©Joel Bengs)
Der Schiffsgeist Klabautermann ist auch unter den ostfriesischen Seemännern bekannt (©Joel Bengs)

Tock, tock, tock – Hämmernde Geräusche auf Holz, knarrende Schritte, obwohl niemand da ist und Schatten, die über das Schiffsdeck huschen. An der ostfriesischen Küste kann das nur eins bedeuten: Der Klabautermann ist da.

Der Klabautermann ist ein Schiffsgeist. Schon seit Jahrhundert geistert er auf den Schiffen herum. Immer wieder schwören Seemänner, ihn gesehen zu haben.

Mit buschigem Bart, Hammer und Pfeife sieht er aus wie jeder andere Matrose auch. Aber die Crew weiß: Diese seltsame Gestalt gehört nicht zur Mannschaft.

Anfangs haben sie keine Angst vor ihm. Denn der Klabautermann macht mit seinem Hammer auf Schäden am Schiff aufmerksam. Und solange der Schiffsgeist da ist, hat das Schiff immer gute Fahrt.

Was die Seemänner allerdings fürchten, ist das Verschwinden des Klabautermanns. Man sagt: “Wenn er klopft, bleibt er, wenn er hobelt, geht er.” Und das Schiff verlässt der Klabautermann erst, wenn ein Unglück naht.

Damit kein Unglück passiert, ist es den Seemännern lieber, wenn der Klabautermann gar nicht erst kommt.

Deshalb wurde es zum Seemannsbrauch, ein Huhn zur Abschreckung des Klabautermanns mit auf jede Fahrt zu nehmen.

Warum ein Huhn? Tja, das wissen wir auch nicht. Heute macht das vermutlich auch keiner mehr.

Was wir aber wissen, ist, dass auf Juist sogar ein Haus nach dem Klabautermann benannt wurde. Das Haus Klabautermann steht an der Billstraße zwischen dem Hauptdorf und dem Ortsteil Loog.

Die Hammersee-Hexen

Der Juister Hammersee ist heute eine beliebte Sehenswürdigkeit (©NPH Juist)
Der Juister Hammersee ist heute eine beliebte Sehenswürdigkeit (©NPH Juist)

Es ist 1651 und Friesland wird von einer schrecklichen Sturmflut heimgesucht. Auf den Inseln brechen die Dünen und das Land wird gnadenlos überschwemmt. Juist wird für über 200 Jahre in zwei geteilt.

Wie konnte das nur passieren? Die Überlebenden finden schnell eine Antwort auf diese Frage. Hier können nur Hexen am Werk gewesen sein.

Im 17. Jahrhundert ist der Hexenwahn auf seinem Höhepunkt und greift wie ein Lauffeuer um sich – auch an der Nordseeküste.

So verbreitet sich schnell die Geschichte von zwei Juister Hexen. Eine mächtiger und gemeiner als die andere. Die Zwei kämpfen darum, wer die Stärkere ist. Der Kampf eskaliert, die Dünen brechen, das tosende Meer überschwemmt die Insel und die Hexen reißen alle Insulaner ins Verderben.

Heute erinnert auf Juist der Hammersee als beliebte Sehenswürdigkeit auf Juist an die Petriflut von 1651. Genau an dieser Stelle wurde die Insel gespalten. Natürlich nicht durch Hexenhand, sondern durch geballte Naturkraft.

Die Namen der angeblichen Hexen sind heute nicht mehr bekannt, aber die Geschichte wird immer noch gerne erzählt.

Die Föhrlopper

Bei Seenebel zeigt sich der Strand von einer anderen Seite (© Aaron Burden)
Bei Seenebel zeigt sich der Strand von einer anderen Seite (© Aaron Burden)

Sie hören Stimmen, die niemand sonst hört und sehen Geschehnisse vor allen anderen: die Föhrlopper. Föhrlopp ist ein altes plattdeutsches Wort und bedeutet Vorahnung.

Eine Geschichte ist auf Juist besonders bekannt. Die Geschichte vom alten Mann, dem Wal und dem gekenterten Schiff.

Als die Zeiten auf Juist mal wieder schlecht sind, haben die Insulaner Glück im Unglück, als eines Morgens ein riesiger Wal am Strand liegt. An ihm können die Inselbewohner gut verdienen.

Ein alter Mann kann sich aber nicht so freuen wie die anderen. Er hat einen “Föhrlopp”.

In den Dünen hört er ein gequältes, menschliches Stöhnen. Er sucht und sucht, aber kann nichts und niemanden finden.

Viele Wochen später hört er die schrecklichen Geräusche wieder. Aber diesmal wird er fündig. In den Dünen liegt ein völlig erschöpfter, durchnässter Matrose.

Der alte Mann versucht sich mit dem Gestrandeten zu verständigen, aber er spricht nicht die gleiche Sprache. Er bringt ihn in den Ort, wo schon erzählt wird, dass draußen auf einer Sandbank ein Schiff gekentert sei.

Bei Ebbe fahren Insulaner hinaus, um sich anzusehen, was geschehen ist. Nur der Kapitän ist noch auf dem Schiff und er erzählt, was in der Nacht schreckliches passierte. Er hatte in den Wellen Frau, Kinder, Mannschaft, Schiff und sein ganzes Geld verloren.

Nur er und der eine Matrose überlebten. Drei Menschen wurden auf Norderney angespült, die anderen hat sich die Nordsee geholt.

Und man redet noch heute über den Föhrlopper, der den verunglückten Matrosen hörte, bevor etwas passiert war und über “das Fellenschiff” mit seiner verlorenen Ladung Tierfelle.

Halte Ausschau, wenn der Seenebel kommt. Siehst du dahinten auf der Sandbank? Das sieht aus wie ein gekentertes Schiff. Und hörst du? In den Dünen? Wer stöhnt denn da?

Irrlichter im Watt

Das Watt gehört zu Juist wie der Strand und die Pferde. Es ist wunderschön anzusehen und scheint unendlich.

Und trotzdem ist es so bedrohlich wie die brausende Nordsee auf der anderen Seite der Insel. Wieso? Lass uns dir von den Irrlichtern erzählen.

Der Mann im Watt

Seenebel über Juist ist super faszinierend – aber auch gefährlich (©Domäne Bill)
Seenebel über Juist ist super faszinierend – aber auch gefährlich (©Domäne Bill)

Beginnt auf Juist die kalte Jahreszeit, häuft sich der Seenebel und vom Watt kommt eine graue Wand auf die Insel zu. So dicht, dass du deine Hand kaum vor Augen sehen kannst.

Vor vielen Jahren, als Juist noch nicht so stark besiedelt war, standen die Häuser weit auseinander und die Wege bis zum nächsten Haus waren lang. Wer bei Dämmerung nicht rechtzeitig in seiner Stube war, konnte nur noch hoffen.

Ein Mann geht an den Salzwiesen entlang und wird von Dämmerung und Seenebel überrascht, er verliert jede Orientierung. Wege sehen aus wie Wiesen und Wiesen wie Wege. Wie kommt er jetzt nach Hause?

Seine Schritte werden langsam und bedacht. Aber dann sieht er in der Ferne ein kleines Licht. Das muss die Kerze im Fenster seines Hauses sein. Die Familie wartet.

Der Mann stapft weiter. Die Schritte wieder sicherer. Und plötzlich läuft er direkt ins Watt hinein. Er bleibt stehen und schaut sich um. Das kann nicht sein. Er war doch auf dem Weg! Und da! Wieder das Licht!

Unter seinen Füßen saugt und zerrt der Wattboden unerbittlich an ihm. Um nicht stecken zu bleiben, läuft er weiter. Aber wo ist das Licht hin? Es ist weg. Um den Mann herum gibt es nur noch Watt und dichten Nebel. Er ist verloren.

Das Mädchen und das Irrlicht

Die Juister Salzwiesen führen direkt ins Watt (©NPH Juist)
Die Juister Salzwiesen führen direkt ins Watt (©NPH Juist)

Natürlich werden nicht nur traurige Geschichten erzählt. Besonders schön ist die Geschichte vom Mädchen und dem freundlichen Irrlicht:

Ein Mädchen geht durch dichten Nebel nach Hause und verliert den Weg. Plötzlich taucht ein Irrlicht vor ihm auf. Das Mädchen sagt: “Irrlicht, bitte führe mich heim. Ich gebe dir dafür einen Taler”.

Das Irrlicht nimmt das Angebot an und schwebt vor dem Mädchen her und leuchtet ihm den Weg, bis sie am Elternhaus ankommen.

Das Mädchen geht zur Tür herein und das Licht wartet geduldig auf der Schwelle. Als das Mädchen den versprochenen Taler reicht, taucht aus der hellen Lichtkugel eine kleine, grelle Hand auf, um den Taler anzunehmen.

Dann schwebt das Licht fort. Aber dort, wo das Irrlicht gewartet hatte, sind noch viele Jahre später kleine Brandmale zu erkennen.

Übrigens: Heute können Irrlichter im Watt und in Mooren naturwissenschaftlich erklärt werden.

Sie entstehen entweder durch Gase, die sich spontan selbst entzünden, oder durch Biolumineszenz – selbstleuchtende Algen. Ehrlich gesagt auch ziemlich cool.

Die Dünenkobolde

In den Dünen am Juister Strand sollen kleine Kobolde leben (© NPH Juist)
In den Dünen am Juister Strand sollen kleine Kobolde leben (© NPH Juist)

Was raschelt da in den Dünen? Wer wirbelt den Sand so auf? Auch Kobolde soll es auf Juist geben.

Sie leben versteckt in den Dünen, die die Menschen nicht betreten dürfen und essen für ihr Leben gern Sanddornbeeren.

Die Juister Dünenkobolde sind tolle Sagengestalten für Kinder. Bist du also mit Kindern auf der Insel, dann könnt ihr am Strand Ausschau halten und euch eigene Geschichten über die kleinen Kobolde ausdenken. Das macht super viel Spaß!

Toller Tipp

Möchtest du noch mehr Geschichten über Juist lesen, dann empfehlen wir dir, in deinem Urlaub in der Buchhandlung Thomas Koch vorbeizuschauen.

Hier gibt es super viele Bücher über die Insel – natürlich auch Märchenbücher.

Das waren unsere liebsten Sagen von der Nordseeinsel Juist

Dir haben die Geschichten gefallen oder du kennst noch mehr Sagen von Juist? Dann lass uns gerne einen Kommentar da. Wir freuen uns!